Die „Lange-Damm-Wiesen und das Untere Annatal” liegen in der naturräumlichen Großeinheit der Ostbrandenburgischen Platte, die einen Ausschnitt aus dem Jungmoränenland des Norddeutschen Flachlandes bildet. Die Oberflächengestalt der Ostbrandenburgischen Platte wurde durch Formen und Ablagerungen des Brandenburger und Frankfurter Stadiums der Weichseleiszeit geprägt. Die südwestlich der Hauptstillstandslage des Frankfurter Stadiums (von Frankfurt a.d.O. über Müncheberg, Buckow, nördlich Strausberg und Werneuchen in Richtung Biesenthal) gelegenen tieferen Lagen des älteren Brandenburger Stadiums wurden von Sanderschüttungen des jüngeren Frankfurter Stadiums bedeckt.
Scholz (1962) beschreibt die Bodengestalt der Ostbrandenburgischen Platte als „Mosaik, in dem wellige bis flachhügelige Sand- und Lehmplatten vorherrschen; sie erhalten formenmäßige Auflockerung und Belebung durch teilweise recht reliefstarke, meist aber mittelsteile End- und Stauchmoränenhügel und -züge, durch einige feuchte Niederungen und durch verschiedene, mehr oder weniger stark in die Platten eingesenkte Täler.” Bei diesen Tälern handelt es sich meist um in Nord-Süd-Richtung verlaufende Rinnentäler mit langgestreckten Seen darin. Teil eines solchen subglazialen Rinnensystems im Bereich der Barnimplatte stellt das Gebiet „Lange-Damm-Wiesen und Unteres Annatal” dar. Das Rinnensystem beginnt im Forst Blumenthal mit einigen kleinen Seen, verläuft über den Latt-, Ihland- und Straussee in Richtung Herrensee, wird von den Lange-Damm-Wiesen fortgesetzt und erreicht über den Stienitzsee, Rüdersdorf und Woltersdorf das Berliner Urstromtal.
Bei dem Ausgangsgestein der Barnimplatte als Grundmoränenfläche handelt es sich im wesentlichen um Lockersedimente der Weichseleiszeit. Zum einen ist nach dem Abschmelzen der Gletscher als Sediment Geschiebemergel bzw. -lehm zurückgeblieben, welches die Grundmoränenplatte bildet, zum anderen wurde dieser Geschiebemergel/-lehm teilweise von sandigen Ablagerungen des Schmelzwassers eines jüngeren Vereisungsstadiums überdeckt. Diese Sand-(Sander-)Überschüttungen treten besonders in der weiteren Umgebung von Strausberg auf (Scholz 1962).
Solche von Sand überschütteten Geschiebemergel/-lehmflächen sind die Hochflächen, welche die Lange-Damm-Wiesen und das Untere Annatal umgeben. Die Mächtigkeit der Sandschüttungen beträgt meist mehr als 5 m. Auch Teile des Rinnensystems, zu dem die Lange-Damm-Wiesen gehören, wurden südlich des Herrensees von Sand verschüttet. Da dadurch der ursprüngliche Abfluss des Herrensees versperrt wurde, entstand als neuer Abfluss das Erosionstal des Beckerfließes (Annatal). Dieses Erosionstal hat sich so tief in die Sandüberschüttung der Grundmoränenplatte eingegraben, dass an seinem Rande der Geschiebemergel zu Tage tritt. Außer in diesem Bereich steht Geschiebemergel im Gebiet nur noch am Ostrand der Lange-Damm-Wiesen nördlich von Hennickendorf an (vgl. die Geologische Übersichtskarte).
Eine geologische Besonderheit stellen die im Abschnitt des Rinnensystems zwischen Herrensee und Stienitzsee gelegenen Osbildungen dar. Als erster beschrieb Wolff (1925, 1926) die aus den Lange-Damm-Wiesen aufragenden Wälle und Einzelhügel als Oser und osartige Ausläufer. Insbesondere der Os, der mitten im Tal liegt und dessen Gesamterstreckung über einen Kilometer beträgt, sei „von modellartiger Schönheit und so wohl erhalten ..., wie nur irdendeiner in Norddeutschland” (Wolff 1926). Die Seltenheit von Osern auch in der sehr formenreichen Norddeutschen Glaziallandschaft stellt Wolff (1926) besonders heraus: „Alte Schmelzwassertäler aus der Eiszeit, in denen sich jetzt hübsche Seen eingebettet finden, durchziehen unsere Landschaft zu hunderten; um aber einen richtigen Os zu sehen, müssen wir oft sehr weit reisen.”
Die Entstehung der Oser ist von Toteiskörpern abhängig, in deren Spaltensystem in Teilbereichen durch das Schmelzwasser keine Erosion, sondern Akkumulation von Material stattfindet. Die Sedimentation von Sand, Kies und Schotter in Schmelzwasserbächen oder -spalten kann punktuell erfolgen, so dass nach dem Abtauen des Toteiskörpers Einzelvollformen (Kames) zurückbleiben, es kann aber auch eine linienhafte Sedimentation erfolgen, so dass nach dem Abtauen die Sedimentfüllung eines langen Eisspaltenzuges als bahndammartiger, oft kilometerlanger Wall (Os) liegen bleibt.
Die bis zu 10 m aus ihrer Umgebung aufragenden Oser in den Lange-Damm-Wiesen erstrecken sich entsprechend dem Rinnental von nordnordöstlicher in südsüdwestlicher Richtung. Der modellartig ausgebildete Os nördlich der Eisenbahn findet südlich der Bahnlinie seine direkte Fortsetzung in dem Hügel VI. Die anderen Hügel südlich der Bahn verlaufen weiterhin in die gleiche Richtung, stellen jedoch u.a. wegen der nacheiszeitlich Vermoorung der Niederung keinen zusammenhängenden Damm mehr dar. Trotz der Unterbrechung ist teilweise noch eine leichte Erhebung über das umgebende Wiesenniveau als Verbindung zwischen den Hügeln erkennbar.
Die Niederung der Lange-Damm-Wiesen wird durch holozäne Bildungen bestimmt und lässt sich in zwei durch ihre Entstehungsgeschichte und ihren Untergrund unterschiedene Teilbereiche aufteilen: 1. die eigentlichen Lange-Damm-Wiesen nordöstlich der Chaussee zwischen Torfhaus und Hennickendorf und 2. die südwestlich dieser Chaussee gelegenen „Stienitzseewiesen”, die erst 1858 nach einer Seespiegelabsenkung (um 2,50 m) des Stienitz-Sees entstanden sind (Schlüter 1955a).
Geologische Übersicht des Gebietes „Lange-Damm-Wiesen
und Unteres Annatal” (Schlüter 1955a)
In den Lange-Damm-Wiesen ist Torf mit unterschiedlicher Mächtigkeit über grobsandigen bis kiesigen Untergrund anzutreffen. Südöstlich und nordwestlich von Hügel IV wurden Ende der vierziger Jahre die Torfe auf einer Fläche von ca. 10 ha hinsichtlich ihrer Abbauwürdigkeit untersucht (Engelhardt 1947). Stellenweise wurde eine Torfmächtigkeit von über 5 m und das Vorhandensein einer Mergelschicht (Kalkgehalt bis 66 % d. Trockensubstanz) festgestellt. Als Besonderheit wird ein „doppeltes Profil” (Torf- Faulschlamm- Mergel- Torf- Faulschlamm- Mergel- Sandiger Untergrund) erwähnt, welches mit zwei Überflutungsperioden erklärt wird.
1993 wurden an den Bohrpunkten mit dem ausgeprägtesten Doppel-Profil (Bohrpunkt 5 u. 17 bei Engelhardt 1947) Wiederholungsbohrungen durchgeführt. Profil 5 ist als eu- bis mesotrophes Hangquellmoor mit wechselnder Wasser- und Kalkzufuhr anzusprechenden. Durch den Wechsel der Wasser- und Kalkzufuhr sind innerhalb des groben Radizellentorfes kalkhaltige Abschnitte zu finden. Zwischen 5,20 und 6,35 m u. G. zeugt Detritus- und Algenmudde über Sand vom frühpostglazialen Stadium eines offenen Gewässers. Profil 17 (Bohrtiefe bis 7,50 m) deutet auf ein eutrophes Hangquellmoor/Verlandungsmoor mit frühpostglazialem Stadium eines offenen Gewässers hin (Brande schriftl. Mitt.).
Insgesamt lassen sich die Ergebnisse dieser Bohrungen nicht verallgemeinern, da sich entsprechend dem stark wechselnden Relief des Untergrundes auch die Torfmächtigkeiten auf kleinstem Raum ändern und zusätzlich die schwankende Quelltätigkeit zur Heterogenität der Torfe beiträgt. Zur Zeit tritt das Grundwasser am Nordwestrand der Wiesen in zahlreichen kleineren Quellen und quelligen Stellen sowie am Ostrand nördlich von Hennickendorf in einigen stärkeren Quellen zu Tage. Das Quellwasser weist einen hohen Kalkgehalt auf, da die Grundwasserströme mit den kalhaltigen Mergelschichten der Grundmoränenplatte in Berührung kommen. Einige Quellen sind außerdem sehr eisenreich, so dass nach dem Kontakt des Wassers mit Sauerstoff und durch Eisenbakterien Eisen(III)hydroxid ausgefällt wird, das die wasserabführenden Gräben unterhalb der Quellen und darin wachsenden Pflanzen mit einer ockerfarbenen Schicht überzieht.
Möglicherweise dehnte sich früher der Stienitz-See bis zu den südlichen Hügeln aus (vgl. Engelhardt 1947), so dass in diesen Bereichen Verlandungsprozesse im Verlauf der Moorbildung bedeutender waren als die Quelltätigkeit, wie sie in den Hangbereichen der Hügel und des Talrandes auftritt.
Da die „Stienitzseewiesen” erst vor ca. 140 Jahren durch eine künstliche Seespiegelabsenkung entstanden sind, steht in diesem Bereich unter höchstens wenigen Zentimetern Torf und Faulschlamm der ehemalige Seegrund (Mudde) mit Muschel- und Schneckenresten direkt an. Die Böden in diesem Bereich sind als reliktische Mudden (Gyttja) zu bezeichnen.
Die mineralischen Böden der Barnim-Platte hängen in starkem Maße vom Ausgangssubstrat ab. So sind auf den Sandern vor allem sandige, teilweise podsolierte Braunerden und auch Podsole zu finden, während auf den Geschiebemergel/-lehmflächen lehmige Braunerden vorherrschen (Scholz 1962).
Im Bereich der Lange-Damm-Wiesen und des Unteren Annatales wurden von Schlüter (1955a) einige Bodenprofile beschrieben, außerdem wurden 1992 im Rahmen einer Exkursion des Institutes für Ökologie der TU Berlin (Wahlpflichtfach „Ökosystemanalyse”) Profile aufgenommen. Grundsätzlich dominieren auf den Hochflächen und Osern unter Wald Braunerden, die gelegentlich schwach podsoliert sind oder sich zu Rostbraunerden entwickelt haben. Im Gegensatz zu den Berliner Waldböden, die nahezu ausnahmslos stark versauert sind (Sukopp 1990), sind die Braunerden in diesem Gebiet trotz des sandigen Ausgangssubstrats im Oberboden nur schwach bis mäßig sauer (pH 5,0-6,5). In den Übergangsbereichen der Hochflächen und Oser zur Niederung treten grundwasserbeeinflusste Braunerden (Gley-Braunerden) und Gleye auf.
Schlüter (1955a) dokumentierte außer den Braunerden ein Bodenprofil am Südhang des Hügel I, das er als schwarzerdeähnliche Bildung bezeichnete. Dabei lagerte ein 40-50 cm mächtiger Ah-Horizont unmittelbar über dem C-Horizont. Jedoch ist in der Zwischenzeit die natürliche Lagerung des Bodens an dieser Stelle durch militärische Aktivitäten zerstört worden.
Justus Meißner